Berufe mit Fremdsprachen < Sonstiges (Sprachen) < Sprachen < Vorhilfe
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(Umfrage) Beendete Umfrage | Datum: | 20:27 Sa 06.12.2008 | Autor: | priyanka |
Hallo alle zusammen,
Ich hab mal eine Frage und hoffe, dass ich sie überhaupt in das richtige Forum geschrieben habe:
Kennt jemand von euch interessante Berufe, in denen man mit Fremdsprachen arbeitet? Mir fallen immer nur solche Sachen wie z.B. Fremdsprachenkorrespondentin oder Europasekretärin ein, aber da gebraucht man ja eigentlich nur 1-3 Sprachen und das wäre mir zu langweilig, d.h. ich würde gerne alle Sprachen gebrauchen, die ich kann und nicht nur die europäischen.
Wäre ganz toll, wenn mir jemand einen Tipp geben könnte!
Ganz liebe Grüße, Priyanka :)
Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.
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Hallo priyanka,
das ist keine so leichte Frage, wie Du sicher schon weißt. Es gibt zahlreiche Arbeitsbereiche, in denen Du Sprachkenntnisse einbringen kannst - eigentlich in fast jedem Beruf. Wenn Du den Umgang mit Sprache(n) zum Inhalt Deines Berufslebens machen willst, dann engt sich die Wahl allerdings erheblich ein.
Ich habe erst einige Beiträge von Dir hier gelesen, aber ich denke nicht, dass Du als Fremdsprachensekretärin o.ä. glücklich werden würdest. Im großen und ganzen würde ich Dir auch dazu raten, Deine Sprachkenntnisse so gut wie möglich zu entwickeln und trotzdem etwas ganz anderes zu machen. In allen Bereichen, vor allem den wirtschaftlich nutzbaren Fächern wie Ingenieurwissenschaften, angewandte Naturwissenschaft, Jura, Wirtschaftswissenschaften etc. gibt es viele Einsatzbereiche, in denen Dir Deine Sprachkenntnisse sehr nützlich sein können.
Der indische Subkontinent ist sicher ein Wirtschaftsraum und Handelspartner, dessen zukünftige Bedeutung noch wachsen wird. Du wirst keine Mühe haben, da ein interessantes Aufgabenfeld in einem Land Deiner Wahl zu finden, natürlich auch hier. Viel seltener als Sprachkenntnisse sind aber Kenntnisse der "örtlichen" (Du weißt, wie unsinnig dieser Begriff im Bezug auf Indien und seine Nachbarländer ist) Kultur, besonders den Umgang mit staatlichen Behörden, das Rechtswesen, Arbeitseinstellungen, Verhandlungsstrategien, Planungsweisen etc.
Mach aus der sicher auch oft lästigen Bikulturalität, die Dein Leben prägt - ob Du es willst oder nicht - ein Pfund, mit dem Du wuchern kannst.
Wenn es aber wirklich Sprache ist, die nicht nur Kommunikationsmedium, sondern Inhalt Deiner beruflichen Arbeit werden soll, dann musst Du studieren (wie ja für viele der bisher genannten Fächer auch). In Frage kommen vor allem vergleichende Sprachwissenschaften (Schwerpunkt indogermanische Sprachen/Aryan languages), vielleicht Indologie (in D: Köln und Freiburg), Kulturwissenschaften (vielleicht besser in den Niederlanden, USA, GB), oder ein Studium als Übersetzerin für zwei, höchstens drei Sprachen (Heidelberg, Germersheim). Allerdings ist es sehr schwer, Deine Sprachen dort unterzubringen.
Für einen großen Teil der letztgenannten Fächer ist es hilfreich, schon ein bisschen Einblick in den sprachgeschichtlichen Zusammenhang der indogermanischen Sprachfamilie zu haben. Dazu gibt es auch Lektüre, die populärwissenschaftlich und trotzdem fundiert ist (sehr gut lesbar, aber schon 50 Jahre alt ist Frederick Bodmer, The Loom of Language, dt.: Die Sprachen der Welt). Auch erste Einblicke in indische Schriftsysteme und einfache Grundzüge des Sanskrit (es gibt englischsprachige Materialien zum Selbststudium!) erleichtern den Einstieg.
Wenn Du im Wirtschaftsbereich oder in Nähe der Indologie arbeiten willst, solltest du auch einen Einblick in mindestens eine dravidische Sprache haben, am besten Tamil. Das ist linguistisch betrachtet eine andere Welt, aber eben auch ein nicht zu vernachlässigender Teil von Indien.
Ab hier müsste ich zu viel raten. Je nach Interessenslage könnte ja z.B. auch ein Studium der Ostasienwissenschaften (wie in Bochum) interessant sein. Da müsstest Du Dich zwischen drei wahrscheinlich für Dich neuen Sprachen entscheiden: Chinesisch, Japanisch, Koreanisch. Aber wenn Du davon eine kannst, Deutsch, Englisch, vielleicht noch einzelne europäische und bestimmt einzelne indische Sprachen, und im Nebenfach z.B. Wirtschaft wählst, dann wirst Du keine Mühe haben, eine für dich interessante Stelle zu finden.
Was sind, außer Sprachen, Deine Lieblingsfächer? Vielleicht kann ich Dir noch besser auf dich zugeschnittene Tipps geben, vielleicht auch nicht (je nachdem, ob ich mich in Deine Interessenslage versetzen kann).
Falls Du nicht alles öffentlich verhandeln willst, kennst Du bestimmt schon die Nachrichten-Zentrale des Forums...
Liebe Grüße,
rev
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(Frage) beantwortet | Datum: | 21:35 Sa 06.12.2008 | Autor: | priyanka |
Hallo,
vielen, vielen Dank für die Antworten.
Ich wollte mich eigentlich immer ganz auf den sprachlichen Sektor konzentrieren, denn im naturwissenschaftlichen Bereich bin ich nicht gerade eine Leuchte und ich habe auch ehrlich gesagt keine Freude an Mathe, usw.
Also bei mir ist das so:
Ich wollte früher eigentlich Dolmetscherin werden und hatte mir schon 14 Sprachen ausgesucht, von denen ich jetzt acht spreche (Hindi, Englisch, Französisch, Arabisch, Urdu, Tamil, Spanisch, Chinesisch), aber irgendwie ist für mich der Gedanke den ganzen Tag in einer kleinen Kabine in irgend einem Kongresszentrum zu sitzen auch nicht so spannend...
Ich finde Literaturübersetzung sehr interessant, kann mir aber nicht vorstellen, dass man da leicht eine Stelle bekommt.
Vielleicht sollte ich es mal als Hindi-Filmi-Übersetzerin versuchen :)
Als sonstige Interessen...hmm...in der schule sind meine lieblingsfächer außer den sprachlichen geo, gemeinschaftskunde und geschichte.
LG, Priyanka
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Liebe Priyanka,
ich war gerade mit einer verwandten Anfrage beschäftigt und antworte deswegen mit zeitlicher Verzögerung.
Du weißt sicher, dass die Kombination Deiner Sprachen absolut ungewöhnlich und vielfältig ist und auch die Grundlage Deiner Berufswahl bestimmen sollte und darf. Dennoch möchte ich Dir raten, Dich nicht darauf zu beschränken.
Deine Sprachen (mit Deutsch ja schon neun, und ich bin sicher, Du kannst mindestens Bruchstücke weiterer, nicht wahr...) stammen aus fünf großen Sprachfamilien. Das kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wenn es Dir gelingt, diese Kenntnisse lebendig zu erhalten oder gar auszubauen, hast Du fast die freie Wahl, was Du unter den vielen Spezialisierungen im Sprachbereich tun willst. Dir "fehlen" eigentlich nur noch drei größere Sprachfamilien und zwei kleinere, um in jedem Land der Welt eine Verkehrs- oder Amtssprache zu sprechen oder zumindest eine verwandte Sprache zu können. Ich kenne trotz langer internationaler Tätigkeit niemanden, für den das zuträfe. Du aber hättest die seltene Chance, das zu erreichen.
Die größeren darunter sind Slawisch (Protagonist: Russisch), Bantu-Sprachen (Protagonist: Swahili) und turko-atarische Sprachen (Protagonist: Türkisch), die beiden kleineren und morphologisch erstaunlich verwandten sind die finno-ugrischen Sprachen (mit Finnisch und Ungarisch als Hauptvertretern) und Japanisch-Ryukyu.
Wenn Du da wenigstens noch Einblicke gewinnen kannst, hättest du die wesentlichen Anlagen, um eine der tausenden von Stellen in weltweit agierenden internationalen Organisationen besetzen zu können, mit der besten Option, im Sprachbereich in führende Stellungen zu kommen. Lies mal Stellenanzeigen der UNO oder einer ihrer Unter- und Derivatorganisationen. Sie sind leicht zu finden.
Kannst Du Deine Sprachen auch lesen und schreiben? Das sind ja schon fünf grundlegend verschiedene Schriftsysteme, die da betroffen wären!
Hast Du andere Interessen außer Sprachen? Mathe etc. muss ja nicht dazu gehören, aber Du würdest Deine Möglichkeiten (nicht nur Deine Chancen) erheblich erhöhen, wenn Du noch ein anderes Fachgebiet überblicken würdest, und sei es die Geschichte der Kochkultur oder z.B. traditionelle Fischereimethoden.
Dabei meine ich nicht die Schulfächer - Erdkunde, Gemeinschaftskunde und Geschichte zeugen von einem großen Interesse für die Welt als menschlichem Lebensraum. Bis hierher könnte ich mir für Dich auch gut ein internationales Studium der Politologie, Soziologie und Wirtschaftswissenschaften vorstellen, eins davon als Hauptfach, die beiden anderen als Nebenfächer. Genau eines der Fächer könntest Du auch durch Geschichts- oder Sprachwissenschaften ersetzen. Jede der resultierenden 162 Kombination erschiene mir sehr sinnvoll, aber das sind sicher noch längst nicht alle.
Die folgende Einteilung ist ausnehmend strittig, ich gebe Dir trotzdem einmal meine eigene Einschätzung für die Bedeutung der genannten Sprachen. Vielleicht bringt es Dich auf die Frage, welche Kenntnisse Du am ehesten ausbauen solltest. Die Einschätzung basiert auf der Größe der Kulturräume und ihrer wirtschaftlichen und machtpolitischen Bedeutung, ohne dass ich das wirklich in Kriterien fassen könnte. Innerhalb der Gruppen habe ich versucht, nach Priorität zu ordnen.
Gruppe 1: Weltverkehrssprachen
Englisch, Französisch, Spanisch, Arabisch, Chinesisch, Russisch
Gruppe 2: Verkehrssprachen bedeutender Kultur- und Wirtschaftsräume
Japanisch, Swahili (Kisuaheli), Hindi, Tamil, Portugiesisch
Gruppe 3: weitere Schlüsselsprachen
Türkisch, Finnisch, Indonesisch (Bahasa Indonesia), Tagalog, Vietnamesisch, Persisch
Vergiss übrigens die Kabinen. Das ist ein anstrengender Job, der nicht viele befriedigt. Je nach Arbeitgeber ist das entweder was für Hungerleider oder ein Topjob (bis ca. 15.000 brutto mtl.), aber eben auch hinreichend riskant.
Und als Filmübersetzerin wirst Du noch warten müssen, bis Bollywoodproduktionen hier genügend Geld abwerfen. Und: ist das wirklich das, was Du übersetzen willst?
Nutze Dein Potential - solche Vorbedingungen hat weltweit fast niemand! Bilde Dir nichts drauf ein, aber verschenk Deine Chance auch nicht.
Grüße,
rev
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 00:58 So 07.12.2008 | Autor: | priyanka |
Hallo nochmal,
Abermals vielen Dank für die ausführliche Antwort!!!
Lesen und Schreiben klappt in den Sprachen eigentlich ganz gut, beim Chinesischen bin ich allerdings noch im Lernprozess.
Russisch und Türkisch zu lernen, habe ich mir schon seit langem vorgenommen. Bei Swahili bin ich mir noch nicht ganz sicher, aber da bräuchte ich nur meine Schwester um Hilfe bitten (sie hat eine Zeit lang in Kenia gelebt).
Nochmal vielen Dank, es waren wirklich viele gute Tipps dabei!!!!
LG, Priyanka
PS: Ich werde mir bestimmt nichts darauf einbilden, schließlich habe ich ja nur Sprachen gelernt und nicht die Probleme der Menschheit gelöst!
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 01:19 So 07.12.2008 | Autor: | reverend |
Ein Gleichgewicht zwischen Bescheidenheit und Stolz zu finden, ist eine kulturell belastete Aufgabe. Du darfst Dir etwas auf Deine Sprachkenntnisse einbilden (ich finde sogar, das solltest Du!), aber Du musst immer wissen, wo die kulturelle Grenze ist. Wenn Du zu bescheiden bist, findest Du womöglich keine adäquate Aufgabe. Wenn Du zu stolz und selbstbewusst bist, findest Du womöglich gar kein Arbeitsfeld.
Neben allen Sprachen: versuch im Lauf der Zeit, Deine Multikulturalität zu reflektieren. Da gibt es nicht viele Hilfestellungen. Mir hat der Ansatz von Geert Hofstede geholfen, aber das ist kein verlässlicher Zugang.
Ich wünsche Dir sehr, dass Du Deine besondere Situation für Dich nützlich machen kannst und damit zufrieden, wenn nicht gar glücklich wirst. Allen anderen wünsche ich aber, dass Du in eine Position kommst, in der Du dem Miteinander der Kulturen einen guten Dienst erweist. Die Anlagen dazu hast Du ja schon im sprachlichen Bereich, vermutlich auch mehr, aber darüber weiß ich nichts.
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