Valenz der Verben < Grammatik < Deutsch < Sprachen < Vorhilfe
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Hallo Zusammen ,
ich habe folgendes Problem bei der Valenzgrammatik:
Woher weiß man bzw. ich, welche Wertigkeit ein Verb hat? Ich weiß, dass die Frage super ungenau ist, deswegen versuche ich mein Problem mal etwas zu spezifizieren:
Nehmen wir mal das Verb "schlafen".
Das Baby schläft. --> 1-wertig
Das Baby schläft unruhig.
--> 2-wertig?! oder ist "unruhig" einfach nur eine freie Angabe?
Wenn "unruhig" nur eine freie Angabe ist, dann ist "schlafen" nicht 2-wertig, sondern nur 1-wertig. Stimmt das soweit?
Und mit welchen Regeln kann ich bestimmen, welche Wertigkeit ein Verb hat und wie in meinem oben beschriebenem Beispiel ein Verb nur zusätzlich eine freie Angabe, aber keine weitere Wertigkeit hat?
Um es mal auf den Punkt zu bringen:
Mir fällt es sehr schwer von Verben die Wertigkeit zu bestimmen und zwischen Wertigkeit und freie Angaben zu unterscheiden...
Habt ihr da irgendwelche Tipps für mich?
Liebe Grüße
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 18:33 So 17.10.2010 | Autor: | Josef |
Hallo Sarah,
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> ich habe folgendes Problem bei der Valenzgrammatik:
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> Woher weiß man bzw. ich, welche Wertigkeit ein Verb hat?
Jedes Verb fordert, "regiert" eine bestimmte Anzahl und Art von Ergänzungen (beantragen z.B. verlangt ein Subjekt und eine Akkusativergänzung). Diesen Sachverhalt bezeichnet man als Wertigkeit (Valenz) des Verbs.
Man kann die Verben danach einteilen, wie viele Ergänzungen sie haben; dann unterscheidet man einwertige, Zweiwertige, dreiwertige Verben usw. Sinnvoller ist jedoch eine Einteilung, die auch die Art der Ergänzung berücksichtigt. Man unterscheidet z.B.
Verben, die nur ein Subjekt haben:
Das Baby schläft. Die Sonne scheint, Die Blumen blühen.
Verben mit Subjekt und Akkusativergänzung:
Er repariert sein Auto selbst. Der Hagel hat die gesamte Ernte vernichtet.
Viele Grüße
Josef
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 19:28 So 17.10.2010 | Autor: | Josef |
Hallo Sarah,
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> ich habe folgendes Problem bei der Valenzgrammatik:
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> Woher weiß man bzw. ich, welche Wertigkeit ein Verb hat?
> Ich weiß, dass die Frage super ungenau ist, deswegen
> versuche ich mein Problem mal etwas zu spezifizieren:
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> Nehmen wir mal das Verb "schlafen".
>
> Das Baby schläft. --> 1-wertig
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> Das Baby schläft unruhig.
> --> 2-wertig?! oder ist "unruhig" einfach nur eine freie
> Angabe?
>
Im Einzelfall ist es oft gar nicht so einfach, Ergänzungen und Angaben voneinander zu unterscheiden. Manchmal hilft hier eine Weglassprobe weiter. Wenn eine Phrase nicht gestrichen werden kann, ohne dass der Satz ungrammatisch wird, sit das ein Indiz dafür, dass es sich um eine Ergänzung handelt.
Eine Ergänzung ist eine Phrase, die im Valenzrahmen eines Wortes (zum Beispiel eines Verbs) vorangelegt ist. Eine Angabe ist eine Phrase, die ein Wort, eine Prase oder unter Umständen auch den gesamten Satz modifiziert. Sie ist im Valenzrahmen der zugehörigen Wörter nicht angelegt.
> Wenn "unruhig" nur eine freie Angabe ist,
> dann ist
> "schlafen" nicht 2-wertig, sondern nur 1-wertig. Stimmt das
> soweit?
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Viele Grüße
Josef
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Hallo Sarah,
ich mag Tesnières Valenzgrammatik auch nicht. Sie ist zu ungenau. Besser ist der Begriff der Rektion, der auch noch definiert, was zu einem Verb hinzutreten muss. Es ist grammatisch kein Unterschied, ob ich sage "ich fühle den Regen" oder "ich fühle dich", aber "ich fühle mich" ist schon nicht mehr so sinnvoll ohne weitere Ergänzung, hier eine adverbiale: ich fühle mich gut. Meist rettet man sich, indem man das reflexive Verb vom transitiven (Valenz mind. 1) oder intransitiven (Valenz 0) unterscheidet.
Manchmal ist auch durchaus strittig, ob ein Verb überhaupt eine bestimmte Valenz hat. Da geht das meiste letztlich doch nur über das Sprachgefühl.
"Kann ich mal Deinen Vater sprechen?"
"Nein, der ist gerade in der Garage und repariert."
oder "...und repariert ein Fahrrad."
oder "...und repariert meinem Bruder das Fahrrad."
Der erste Gebrauch von "reparieren" ist möglich, aber unüblich.
Der zweite ist gängig.
Der dritte ist zwar ok, aber das Dativobjekt ist nicht nötig. Es ist sogar in dieser Form unüblich. Man würde eher sagen "repariert das Fahrrad meines Bruders" oder "hilft meinem Bruder, sein Fahrrad zu repaieren". Im letzteren Fall ist ein weiteres Verb (helfen) hinzugetreten, um den Satz entzerren zu können. Das wirkt hier irgendwie natürlicher.
"reparieren" ist also normalerweise 1-wertig, auch wenn es andere Verwendungen geben mag.
In der Valenzgrammatik gibt es aber oft eine Unterscheidung zwischen der lexikalischen Valenz (reparieren: 1-wertig) und der faktischen im vorliegenden Satz.
"Mein Vater reparierte meinem Bruder widerwillig das Fahrrad" hat das gleiche Verb mit 3-wertiger Valenz: Bruder, widerwillig, Fahrrad. Das Subjekt zähle ich übrigens nie mit, obwohl manche Grammatiker auch das tun. Das kann hilfreich sein, um zwischen persönlichen und unpersönlichen Verben zu unterscheiden. Man kann halt nicht konjugieren "ich schneie, du schneist, er schneit" - es sei denn, es folgt noch ein "herein"... Wer diese Unterscheidung trifft, markiert "schneien" als 0-wertig, hereinschneien als 1-wertig.
All das sorgt für eine Menge Verwirrung, wie Du schon gemerkt hast.
Halte Dich einfach an die lokale Definition Deines Profs und lass andere anderes richtig finden.
Übrigens ist die bei Euch übliche Lösung über die Klassifizierung mancher Ergänzungen als "freie Angabe" ein ganz praktikabler Ausweg. In diesem Sinn bliebe "reparieren" nämlich immer 1-wertig, und wenn der Vater widerwillig repariert oder es für den Bruder (oder wahrscheinlicher: Sohn oder Schwager) tut, dann sind das zusätzliche, freie Angaben, die die Valenz des Verbs nicht in Frage stellen.
Liebe Grüße
reverend
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> Hey Du ,
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> hast du Deutsch studiert?
Hallo espritgirl,
der reverend ist halt der, bei dem ich nicht geglaubt habe, daß es nur einer ist...
Und gut kochen kann er auch.
Gruß v. Angela
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Hallo reverend ,
ich habe aus dem schlauen Internet einen Beispielsatz (leider ohne Lösungsansätze):
(1) Paul trägt seiner Oma den Koffer zum Bahnhof.
Wenn ich jetzt nach der Valenzgrammatik gehe, dann komme ich auf folgende Analyse:
trägt = Prädikat
Paul = [mm] Aktant_{1-Nom} [/mm] --> Subjekt
seiner Oma = [mm] Aktant_{2-Dat} [/mm] --> Dativ-Objekt
den Koffer = [mm] Aktant_{3-Akk} [/mm] --> Akkusativ-Objekt
zum Bahnhof = freie Angabe --> lokale Adverbiale Bestimmung
Fazit: Nach meiner Analyse wäre "tragen" dreiwertig. Ich habe die Aktanten aufgrund einer Weglassprobe gewählt:
* Paul trägt
* Paul trägt seiner Oma
Paul trägt seiner Oma den Koffer
=> "zum Bahnhof" kann weggelassen werden = freie Angabe
Aber "tragen" kann doch auch zweiwertig sein:
(2a) Paul trägt seine Oma -----.
Ein völlig normaler Satz mit 2 Aktanten, der nach meinem Sprachgefühl auch vollständig ist.
Wenn ich (2a) ergänze, z.B.
(2b) Paul trägt seine Oma zum Krankenhaus.
dann ist "zum Krankenhaus" kein Aktant, sondern eine freie Angabe?!
Ist "tragen" jetzt trotzdem dreiwertig? Oder zweiwertig mit der Option dreiwertig zu werden?
Das Problem an der ganzen Valenzgeschichte ist, dass wir noch keine Definitionen haben. Wir sollen das mal "ausprobieren". Super, oder?
Ergänzung
Vielleicht habe ich auch nur falsch nachgedacht:
aufgrund meiner Weglass-Probe habe ich die Aktanten bestimmt (s.o.). Aber ich muss bei den Satzgliedern ja nicht der Reihe nach vorgehen, oder?
* Paul trägt
* Paul trägt seiner Oma
* Paul trägt zum Bahnhof
Paul trägt den Koffer.
--> Wenn ich die Konstituenten so weglasse, dann ist "tragen" tatsächlich nur zweiwertig und meine obige Analyse ist falsch.
Richtig wäre dann:
trägt = Prädikat
Paul = [mm] Aktant_{1-Nom} [/mm] --> Subjekt
seiner Oma = frie [mm] Angabe_{1} [/mm] --> Dativ-Objekt
den Koffer = [mm] Aktant_{2-Akk} [/mm] --> Akkusativ-Objekt
zum Bahnhof = freie [mm] Angabe_{2} [/mm] --> lokale Adverbiale Bestimmung
Kann man bzw. ich so vorgehen? Oder muss ich zur Findung der Aktanten wiklich der Reihe nach gehen? Jetzt im Nachhinein finde ich, dass meine Ergänzung besser aussieht.
Liebe Grüße
Sarah
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Hallo Sarah,
Deine zweite Analyse ist besser. Zwar ist im Beispielsatz "tragen" dreiwertig eingesetzt, aber das Verb an sich ist transitiv und verlangt kein Dativobjekt, damit (nach Eurer Zählung) zweiwertig. Ein Aktant zählt ja mit, auch wenn dieser durch ein Personalpronomen vertreten werden kann (z.B. "sie", "er" etc.).
"Der Reihe nach" bezieht sich aber auf die Satzstellung, und die hat in der Valenzanalyse keinerlei Bedeutung.
In anderen Verwendungen von "tragen" kann die Valenz aber anders sein:
Giorgina trägt Rouge auf den Wangen.
Lord Prickleworth trägt sich mit dem Gedanken zu heiraten.
Diesen Winter trägt man lila.
Ruth trägt schwer am Tod ihrer Oma (besser: hat ... schwer zu tragen).
Der Ton von Streichern im Unisono trägt. Egal wo. (Übrigens das einzige Beispiel, in dem "tragen" tatsächlich einwertig ist)
...
Dass Ihr erst einmal probieren sollt, finde ich keinen schlechten Ansatz. So findet man eine Menge der Probleme, die die Valenzgrammatik so mit sich bringt.
Was ist denn das Seminar- oder Vorlesungsthema? Grammatiktheorien? Generative vs. deskriptive Grammatik? Gibt es schon einen Themenplan? Kommt Semiotik darin vor?
Grüße
reverend
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Nabend revernd ,
es ist so, dass ich hier beim Lernen zwei Kurse miteinander vermische:
a) Sprachwissenschaft (dafür brauche ich die Valenzgrammatik, um am Samstag meine Klausur zu bestehen)
b) Konstruktionsgrammatik: neuer Kurs, aber die die Inhalte aus der Sprachwissenschaft werden aufgegriffen - und so lerne ich auch für Samstag. Ich weiß, hört sich kompliziert an, ist es auch.
Meine Lerngruppe sagt, dass meine zweite Analyse wohl richtig sein muss, wir konnten manche Sachen näher spezifizieren, z.B. der freie Dativ etc...
Aber ich habe weitere Fragen:
Sind die Verben
essen, weinen, predigen () und reden einwertig? Ich behaupte, dass sie einwertig sind.
Diese Frage bezieht sich auf komplexe Prädikate, was ich hier aber am liebsten nicht näher ausführen möchte...
Liebe Grüße
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Hallo Sarah,
wie, Du schreibst eine Klausur nur mit dem Vorwissen, mal eine Grundidee selbständig abzuklopfen? Das ist unlauter. Wer auch immer die Klausuraufgaben stellt, möge sich schämen.
> es ist so, dass ich hier beim Lernen zwei Kurse miteinander
> vermische:
>
> a) Sprachwissenschaft (dafür brauche ich die
> Valenzgrammatik, um am Samstag meine Klausur zu bestehen)
>
> b) Konstruktionsgrammatik: neuer Kurs, aber die die Inhalte
> aus der Sprachwissenschaft werden aufgegriffen - und so
> lerne ich auch für Samstag. Ich weiß, hört sich
> kompliziert an, ist es auch.
Ich denke, ich verstehe, was Du meinst. Vorerst nimm aber Abstand davon, dass die Valenzgrammatik für ein generatives Vorgehen produktiv wäre. Versuch, dich auf das erste zu beschränken. Das ist zugegebenermaßen schwierig.
> Meine Lerngruppe sagt, dass meine zweite Analyse wohl
> richtig sein muss, wir konnten manche Sachen näher
> spezifizieren, z.B. der freie Dativ etc...
Gute Lerngruppe! Weiter so!
> Aber ich habe weitere Fragen:
>
> Sind die Verben
>
> essen, weinen, predigen () und reden einwertig? Ich
> behaupte, dass sie einwertig sind.
Ich esse ein Döner.
Du weinst nachts Tränen wegen der Grammatik.
Der Imam predigt die Einzigartigkeit Allahs.
Wir reden hier immer deutsch miteinander.
(diskutabel im letzten Satz: Deutsch)
Vier Sätze. Deine Analysen?
Ok: Ich esse. Du weinst. Der Imam predigt. Wir reden.
Meinst Du das? Dann hast Du Recht. Sonst nicht.
> Diese Frage bezieht sich auf komplexe Prädikate, was ich
> hier aber am liebsten nicht näher ausführen möchte...
Na, da teilen wir eine Vorliebe.
Ich muss mir mal Dein gif-smilie leihen, pardon:
Alles Liebe
reverend
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