Taylorpolynom < Funktionen < eindimensional < reell < Analysis < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 21:05 Mi 20.02.2008 | Autor: | Blueman |
Hi
Also mir geht es darum:
Das Taylorpolynom im Entwicklungspunkt a lautet bekanntermaßen:
[mm] p_{a}(x) [/mm] = [mm] \summe_{k=0}^{\infty}\bruch{f^{(k)}}{k!}*(x-a)^{k}
[/mm]
Nun gibt es Funktionen f(x) sodass man ein a wählt und es gilt [mm] p_{a}(x) [/mm] = f(x) für alle x aus dem Def.-Bereich von f. Meine Frage hierzu: Kann man für jede unendlich oft differenzierbare Funktion f ein a so wählen dass [mm] p_{a}(x) [/mm] = f(x)?
Werde aus dem Skript und auch aus Büchern nicht wirklich schlau. Finde nur immer das Gegenbeispiel [mm] f(x)=\begin{cases} exp(-x^{-2}) , & \mbox{für } x \mbox{ ungleich 0} \\ 0, & \mbox{für } x \mbox{ gleich 0} \end{cases} [/mm] und a = 0. Da geht es eben nicht, da [mm] p_{a}(x) [/mm] = [mm] p_{0}(x) [/mm] = 0 [mm] \not= [/mm] f(x). Aber damit ist ja noch nicht gesagt, dass es nicht ein anderes a [mm] \in \IR [/mm] geben könnte mit [mm] p_{a}(x) [/mm] = f(x).
Wäre sehr schön, wenn ihr mir helfen könntet.
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(Antwort) fertig | Datum: | 22:10 Mi 20.02.2008 | Autor: | Marcel |
Hallo,
> Hi
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> Also mir geht es darum:
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> Das Taylorpolynom im Entwicklungspunkt a lautet
> bekanntermaßen:
> [mm]p_{a}(x)=\summe_{k=0}^{\infty}\bruch{f^{(k)}\red{(a)}}{k!}*(x-a)^{k}[/mm]
>
> Nun gibt es Funktionen f(x) sodass man ein a wählt und es
> gilt [mm]p_{a}(x)[/mm] = f(x) für alle x aus dem Def.-Bereich von f.
> Meine Frage hierzu: Kann man für jede unendlich oft
> differenzierbare Funktion f ein a so wählen dass [mm]p_{a}(x)[/mm] =
> f(x)?
>
> Werde aus dem Skript und auch aus Büchern nicht wirklich
> schlau. Finde nur immer das Gegenbeispiel
> [mm]f(x)=\begin{cases} exp(-x^{-2}) , & \mbox{für } x \mbox{ ungleich 0} \\ 0, & \mbox{für } x \mbox{ gleich 0} \end{cases}[/mm]
> und a = 0. Da geht es eben nicht, da [mm]p_{a}(x)[/mm] = [mm]p_{0}(x)[/mm] =
> 0 [mm]\not=[/mm] f(x). Aber damit ist ja noch nicht gesagt, dass es
> nicht ein anderes a [mm]\in \IR[/mm] geben könnte mit [mm]p_{a}(x)[/mm] =
> f(x).
Die Aussage bei dem Beispiel lautet ja auch nur, dass es (mindestens) eine Funktion gibt, deren Taylorreihenentwicklung an einer Stelle $a$ nur dort mit der Funktion übereinstimmt und sonst nirgends.
Um Dich mal auf einen Weg zu führen, mit dem Du Deine Frage selbst beantworten kannst:
Betrachten wir mal die obige Funktion
[mm]f(x)=\begin{cases} exp(-x^{-2}) , & \mbox{für } x \not=0 \\ 0, & \mbox{für } x=0 \end{cases}[/mm]
und zudem betrachten wir
[mm]g(x)=\begin{cases} exp(-x^{-2}) , & \mbox{für } x >0 \\ 0, & \mbox{für } x \le 0 \end{cases}[/mm]
[mm]h(x)=\begin{cases} exp(-x^{-2}) , & \mbox{für } x <0 \\ 0, & \mbox{für } x \ge 0 \end{cases}[/mm]
Dann gilt $f,g,h [mm] \in C^\infty(\IR)$.
[/mm]
Alle Funktionen kann man in jedem Punkt in die Taylorreihe entwickeln, nennen wir die von $f$, mit Entwicklungsmitte $a$, dann [mm] $p_a$, [/mm] und die von $g$ mit Entwicklungsmitte $a$ dann [mm] $q_a$, [/mm] die von $h$ analog [mm] $r_a$.
[/mm]
Und jetzt ist klar, dass immer stets eine der Funktionen nicht mit ihrer Taylorreihe komplett übereinstimmen kann, denn:
Entwickeln wir $f$ an der Stelle $a > 0$ zu [mm] $p_a$ [/mm] und wenn dann [mm] $p_a(x)\equiv [/mm] f(x)$ gilt, so gilt [mm] $p_a(x)=f(x)$ [/mm] insbesondere für alle $x < 0$ und damit [mm] $p_a(x) [/mm] > 0$ für alle $x < 0$.
Wenn wir aber $f$ an einer Stelle $a > 0$ zu [mm] $p_a$ [/mm] entwickeln, so wird dort auch [mm] $q_a=p_a$ [/mm] bzw. [mm] $q_a(x) \equiv p_a(x)$ [/mm] folgen (die Taylorreihe von $f$ stimmt mit der Taylorreihe von $g$ überein, wenn wir beide um eine Entwicklungsmitte $a > 0$ entwickeln).
Würde nun [mm] $q_a=g$ [/mm] (d.h. [mm] $q_a(x) \equiv [/mm] g(x)$) gelten, so würde wegen [mm] $q_a=p_a=f$ [/mm] dann auch [mm] $g(x)=q_a(x)=f(x) [/mm] > 0$ für alle $x < 0$ folgen. Im Widerspruch zu $g(x)=0$ für alle $x < 0$.
Weiterhin:
Entwickeln wir $f$ an einer Stelle $a < 0$ zu [mm] $p_a$ [/mm] und würde dann $f(x) [mm] \equiv p_a(x)$ [/mm] gelten, so können wir analog folgern, dass dann $h$ nicht komplett mit ihrer Taylorreihe übereinstimmen kann. dass dann also $h(x) [mm] \not \equiv r_a(x)$ [/mm] (weil hier dann [mm] $r_a(x) \equiv p_a(x) \equiv [/mm] f(x)$ wäre, womit dann aber, wenn $h(x) [mm] \equiv r_a(x)$ [/mm] wäre, folgen würde, dass $h(x)=f(x) > 0$ für $x > 0$ gelten müsste).
Damit folgt das Ergebnis:
Wenn für jedes $a [mm] \in \IR$ [/mm] gilt, dass $f(x) [mm] \not \equiv p_a(x)$, [/mm] dann haben wir nix zu zeigen.
Ist $a > 0$, so gilt [mm] $p_a(x) \equiv q_a(x)$, [/mm] und damit können nicht beide Funktionen mit ihrer Taylorreihe übereinstimmen.
Ist $a < 0$, so gilt [mm] $p_a(x) \equiv r_a(x)$ [/mm] und damit können auch hier nicht beide Funktionen mit ihrer Taylorreihe übereinstimmen.
Hiermit kann man sich klarmachen:
Mindestens eine dieser drei obigen Funktionen hat die Eigenschaft, dass sie, egal um welchen Entwicklungspunkt $a [mm] \in \IR$ [/mm] man die Taylorreihe entwickelt, diese nicht mit der Funktion übereinstimmt.
Ist Dir klar, wie hier das Problem zustandekommt? Also, egal, um welchen Entwicklungspunkt man hier entwickelt:
Eine der obigen drei Funktionen wird nicht komplett mit ihrer Taylorreihe übereinstimmen können.
P.S.:
Wenn ich so drüber nachdenke, erscheint es mir gar nicht so einfach, zu argumentieren, dass hier wirklich mindestens eine der drei Funktionen die Eigenschaft hat, dass sie nirgends mit ihrer Taylorreihe komplett übereinstimmt. Aber der Grundgedanke müsste gehen, man müsste es wohl doch spezieller machen:
Wähle eine [mm] $C^\infty(\IR)$-Funktion [/mm] namens $f$ (nicht identisch $0$), die eine Nullstelle hat, an der zudem alle Ableitungen verschwinden und derart, dass sie an JEDER Stelle mit ihrer Taylorreihe übereinstimmt (Edit: Hier müßte ergänzt werden: abgesehen von der Stelle $a$; und dann stellt sich mir automatisch die Frage nach der Existenz einer solchen Funktion!;). Und nun änderst Du die Funktion trivial ab:
Du definierst eine neue Funktion $g$, die links von dieser "unendlichfachen" Nullstelle identisch $0$ ist, ansonsten aber mit $f$ übereinstimmt. Diese Funktion $g$ kann dann nun wirklich an keiner Stelle komplett mit ihrer Taylorreihe übereinstimmen, denn entwickelt man sie links von der [mm] $\infty$-fachen [/mm] Nullstelle in die Taylorreihe, so ist die Taylorreihe identisch $0$, und wenn man sie dann rechts von dieser in die Taylorreihe entwickelt, dann ist die Taylorreihe identisch $f$.
Also dieser Gedanke ist wohl besser als der andere, ich glaube, die obigen Überlegungen sind noch nicht ausreichend, um wirklich zu begründen, dass mindestens eine der Funktionen für keine Entwicklungsmitte $a$ mit der zugehörigen Taylorreihe übereinstimmt. Da war ich wohl (vll.?) zu vorschnell...
Gruß,
Marcel
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 00:09 Do 21.02.2008 | Autor: | Blueman |
Hi
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Meine Frage kann also verneint werden. (Leider - denn damit finde ich das Taylorpolynom jetzt nicht mehr so nützlich :D) Denke, ich habe deinen geschickten Beweis verstanden. An welchen der Funktionen es jetzt "wirklich" liegt, weißt du wohl nicht zufällig? Ich tippe ja mal drauf, dass man für g und h keine Taylorreihe finden kann.
Edit: OK nach deinem PS zu urteilen hab ich den Beweis wohl doch nicht so gut verstanden hehe. Werde mir deine neue Begründung jetzt nochmal angucken. Schade, deine erste gefiel mir so gut :)
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 02:24 Do 21.02.2008 | Autor: | Marcel |
Hallo Blueman,
naja, die erste Begründung wird schon etwas schwierig. Wenn jetzt die Taylorreihe von $f$ an einer Stelle mit Entwicklungsmitte [mm] $a_1 [/mm] > 0$ mit $f$ übereinstimmt, so stimmt an [mm] $a_1$ [/mm] zwar sicherlich nicht die Taylorreihe von $g$ mit $g$ überein, aber vll. gibt es ja eine andere Stelle [mm] $a_2$, [/mm] an der die Taylorreihe von $g$ mit $g$ übereinstimmt (und an dieser stimmt dann sicherlich wiederum die Taylorreihe von $f$ nicht mit $f$ überein).
Das fängt schon irgendwie kompliziert an, aber schlussendlich ist ja [mm] $p_a(x) \equiv q_a(x)$ [/mm] für jedes $a > 0$ (d.h. für jedes $a > 0$ stimmen die Taylorreihen von $f$ und $g$ überein). Nun muss man sich dann hier wirklich überlegen, welche Fälle da auftreten können, ich denke, man wird's vielleicht doch so hingebogen bekommen, dass wirklich am Ende da steht, dass eine der Funktionen an keiner Stelle mit ihrer Taylorreihe übereinstimmt, allerdings bin ich mir da momentan einfach unsicher, weil ich da ein wenig den Überblick verliere Du kannst ja mal versuchen, es zu Ende zu denken...
Übrigens gibt es bei dem P.S. ja doch einen Haken:
Ich habe geschrieben, dass $f$ unendlich oft differenzierbar sein soll, an einer Stelle $a [mm] \in \IR$ [/mm] alle [mm] $f^{(k)}(a)=0$ [/mm] gelten soll und dann zudem $f$ an jeder Stelle mit der Taylorreihe übereinstimmen soll. Naja, da hab' ich mich quasi selbst ein wenig veräppelt, denn dann wäre ja insbesondere [mm] $f(x)\equiv p_a(x)=\sum_{k=0}^{\infty}\frac{f^{(k)}(a)(x-a)^k}{k!}=\sum_{k=0}^\infty [/mm] 0=0$
Also so geht das P.S. dann doch nicht. An der unendlichfachen Nullstelle $a$ darf $f$ also nicht mit ihrer Taylorreihe [mm] $p_a$ [/mm] übereinstimmen. Das wird irgendwie auch verwirrend, ob man eine solche Funktion angeben kann.
Übrigens sollten Taylorreihen nicht als unbrauchbar abgehandelt werden, wenngleich ich immer noch der Meinung bin, dass Deine Aussage verneint werden muss (einfach aus dem Grund, weil man eine unendlich oft differenzierbare Funktion ja dennoch ggf. auf einem gewissen Teilbereich abändern kann, so dass sie dennoch unendlich oft diff'bar bleibt; irgendwie fehlt mir da aber gerade das "griffigste" Argument).
Denn "lokal" sind sie oftmals sehr nützlich, d.h. viele Funktionen lassen sich "lokal" mittels der Taylorreihe darstellen.
P.S.:
Wenn ich mir hier
http://de.wikipedia.org/wiki/Taylorreihe
das Beispiel angucke, denke ich eigentlich, dass man bei der obigen Funktion $g$ wahrscheinlich vollkommen analog argumentieren kann, dass diese an keiner Stelle mit ihrer Taylorreihe komplett übereinstimmt (oder eben die Funktion $h$). Ich denke, dass man das auch nachrechnen kann, also dass [mm] $q_a$ [/mm] für $a > 0$ nur lokal mit $g$ übereinstimmen kann, und dass [mm] $q_a$ [/mm] für $a [mm] \le [/mm] 0$ nicht mit $g$ übereinstimmen kann, ist ja klar (andernfalls wäre ja $g [mm] \equiv [/mm] 0$).
Ich glaube, ich hatte den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen, aber diese (einfache) Argumentation sollte nun klappen, hoffe ich mal
("Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?" ist mein persönliches Fazit :D !)
Gruß,
Marcel
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 23:37 Do 21.02.2008 | Autor: | Blueman |
OK Vielen Dank für deine Hilfe! Das Wiki-Beispiel hatte ich gar nicht gesehen.
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