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Aufgabe | Zeigen Sie, dass es eine Ebene geben kann, die aus nur 4 Punkten besteht, so dass die Inzidenz-Axiome und das Parallelenaxiom erfüllt sind!
Inzidenz-Axiome:
1.) Zu je zwei verschiedenen Punkten einer Ebene gibt es genau eine Gerade, auf der die Punkte liegen.
2.) Jede Gerade enthält wenigstens 2 Punkte.
3.) In einer Ebene gibt es mindestens 3 verschiedene Punkte, die nicht alle auf einer Geraden liegen.
I.) Parallelenaxiom:
Befinden sich eine Gerade g und ein Punkt P, der nicht auf g liegt, in einer Ebene, so gibt es genau eine Gerade h in dieser Ebene, die parallel zu g ist und durch den Punkt P geht. |
Die Lösung (Seite 34 des Buches "Mathematik für Einsteiger. Vor- und Brückenkurs zum Studienbeginn" von Klaus Fritzsche) lautet: "Sechs Geraden, die jeweils aus zwei Punkten bestehen."
M. E. sind damit zwar die Inzidenzaxiome erfüllt (auch wenn sich dann Geraden in Punkten kreuzen können, die nicht zur Ebene gehören), aber NICHT das Parallelenaxiom, da mindestens zwei der sechs Geraden keine Parallelen in dieser 4-Punkt-Ebene haben, denn es fehlt ein zweiter Punkt (der auch zur Ebene gehört) für die Existenz einer Parallele in der Ebene.
Liege ich da richtig? Oder handelt es sich um eine "entartete Ebene", in der einen die konkrete Anschaulichkeit in die Irre führt?
Danke im Voraus für Antworten!
LG
fuzzy-bear
Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:16 So 02.11.2008 | Autor: | fuzzy-bear |
PS: Da bisher noch keine Reaktionen kamen, würde ich mich alle Beiträge freuen. Vielleicht gibt es so Hinweise auf eventuelle Unklarheiten oder fehlende Informationen, die vielleicht dafür sorgen, dass man die Aufgabe nicht lösen kann.
Die Aufgabenstellung ist offenbar so gemeint, dass keine weiteren Axiome hinzugezogen werden dürfen.
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(Antwort) fertig | Datum: | 21:33 Di 02.12.2008 | Autor: | Loddar |
Hallo fuzzy-bear!
Ich denke, Du hast Dir die Antwort bereits selber gegeben: die "Anschauung" (bzw. die bisherige "Gewohnheit" von Geraden und Ebenen) führt einen in die Irre.
Zeichne Dir 4 Punkte (angeordnet als Rechteck) auf. Die 6 Geraden sind dann die 4 Seiten des Rechteckes sowie die beiden Diagonalen.
Aber nicht in die Irre schicken lassen: der vermeintliche Schnittpunkt der Diagonalen ist kein Geradenschnittpunkt! Denn unser System besteht ja nur aus den 4 Eckpunkten.
Und hier lassen sich nun alle Axiome zeigen.
Gruß
Loddar
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 22:17 Di 02.12.2008 | Autor: | Loddar |
Hallo fuzzy-bear!
Um die Problematik des "Diagonalen-Schnittpunktes" (der ja kein Schnittpunkt ist) zu umgehen, kann man die verbindende Gerade zwei gegenüberliegender Eckpunkt auch außerhalb des Rechteckes führen.
Auch das verletzt zunächst unsere übliche Anschauung, da diese Geraden nun nicht mehr "gerade" sind.
Gruß
Loddar
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Wie Loddar schon gemeldet hat, muss man sich
bei dieser Aufgabe von unseren gewöhnlichen
geometrischen Anschauungen ein Stück weit
lösen. Loddar schlägt vor, die vier Punkte als
Ecken eines Rechtecks auf einem Blatt Papier zu
zeichnen und dann den vermeintlichen Schnitt-
punkt der Diagonalen zu ignorieren. Man kann
es noch ein bisschen radikaler machen. Wir sind
es beim Zeichnen von Gegenständen, in der
Geometrie und beim Betrachten von Photos und
Fernsehbildern gewohnt, flache Bilder von räum-
lichen Objekten zu machen und zu nutzen.
Hier haben wir einmal die Gelegenheit, das
Umgekehrte zu machen: eine dreidimensionale
Realisierung von etwas, das unter dem Label
"Ebene" läuft. Stelle dir die 4 Punkte dieser
Mini-Geometrie als die Ecken eines Tetraeders
ABCD vor. Die 6 Geraden der Geometrie sind die
Kanten (-geraden) des Tetraeders. Dass es in
diesem System nur genau 4 Punkte und 6 Geraden
gibt, ist in diesem "3-D-Modell" offensichtlich.
Nur beim Begriff "parallele Geraden" muss man
umdenken. "Parallel" heissen hier zwei Geraden
definitionsgemäss genau dann, wenn sie keinen
gemeinsamen Punkt haben. So sind die Geraden
AB und CD der Minigeometrie "parallel", obwohl
die entsprechenden Geraden AB und CD des
3-D-Modells im euklidischen Raum [mm] \IR^3 [/mm] nicht
parallel, sondern windschief zueinander sind.
Auch sind die Mengen [mm] \{A,B,C\}, \{A,B,D\} [/mm] etc. ,
welche je aus 3 Punkten bestehen, keine
"Ebenen" dieser Minigeometrie, obwohl z.B.
die Punkte A,B,C im [mm] \IR^3 [/mm] zwar nicht eine Ebene
bilden, aber doch immerhin eine aufspannen.
Al-Chwarizmi
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 17:16 Mi 03.12.2008 | Autor: | fuzzy-bear |
Vielen Dank an Loddar und Al-Chwarizmi für die verständlichen Erklärungen!
Interessant finde ich, dass beide Darstellungen darauf basieren, dass eine Ebene aus nur vier Punken eben keine "konventionelle Ebene" ist.
Gruß
fuzzy-bear
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