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Aufgabe | In drei Urnen befinden sich jeweils 1 schwarze und 2 weiße Kugeln.
Nun greift man sich zwei Urnen raus und stellt sie rechts und links vor sich hin. Nun zieht man mit der linken Hand aus der linken Urne eine Kugel und mit der rechten Hand aus der rechten Urne eine Kugel und wirft die Kugeln in die jeweils andere Urne.
Dann stellt man die beiden Urnen wieder an ihren Platz zurück und "mischt" sie (so dass man nicht mehr weiß, aus welchen Urnen die Kugeln ausgetauscht wurden).
Diesen "Austausch" könnte man nun beliebig oft wiederholen.
a) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich nach 2 Austauschen alle drei schwarzen Kugeln in einer Urne befinden?
b) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich nach 100 Austauschen alle drei schwarzen Kugeln in einer Urne befinden?
c) Nach wie vielen Austauschen ist die Wahrscheinlichkeit für "Drei Schwarze in einer Urne" am größten?
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Bei a) habe ich raus: [mm] \bruch{4}{9}*\bruch{1}{3}*\bruch{1}{3}*\bruch{1}{3}=\bruch{4}{243}
[/mm]
Das sind etwa 1.65 %.
Begründung:
1. Austausch S-W = 4/9
2. Austausch: Null-S-Urne wird nicht gezogen = 1/3
W aus 2S-Urne = 1/3
S aus 1S-Urne = 1/3
b) 100 Austausche = da könnte man ja gleich die 9 Kugeln "zufällig" auf die drei Urnen verteilen.
Für eine Kette aus 3 Schwarzen und 6 Weißen gibt es [mm] \bruch{9!}{6!*3!} [/mm] Kombinationen, von denen drei als Treffer gelten (alle 3 Schwarzen in einer der drei Urnen).
Also ist [mm] p=\bruch{3}{84}. [/mm] Das sind etwa 3.57 %
zu c)
Die Frage ist doch: Gibt es zwischen 2 Austauschen (p=0.0165) und 100 Austauschen (p=0.0357) eine Anzahl von Austauschen, bis zu der die Wahrscheinlichkeit auf "Drei Schwarze in einer Urne" ansteigt, um danach wieder zu fallen?
Ist es wahrscheinlich, dass es überhaupt ein p>0.0357 gibt ?
Ist es angebracht, das in einem riesig-großen Baumdiagramm durchzurechnen (eine schöne Aufgabe für Leute mit "Arschleder")
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> > es scheint, dass ich da ja einen tollen neuen Begriff (für
> > fleissige Rechner) in die Diskussionen im MatheRaum
> > eingebracht habe...
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> Naja, es war gar nicht nur der Leder-Begriff, der mich
> amüsiert hat, sondern dass du offensichtlich nicht der
> Einzige bist, der sich darüber ereifert, dass es auch im
> Zeitalter von Taschenrechnern und Computern immer noch
> Aufgaben gibt, die sich nicht mit dreimal Knöpfchendrücken
> lösen lassen, obwohl man ganz genau weiß, wie sie
> letztendlich zu lösen sind.
>
Lieber Ralph,
Ich habe gar nichts gegen Aufgaben, bei denen man wirklich auch einmal ganz hartnäckig und angestrengt denken muss. Ich bevorzuge aber eben sehr die Aufgaben für "Köpfchen" vor jenen für "Knöpfchen". Wenn sich ein Lehrer darauf kapriziert, seinen Schülern Aufgaben vorzusetzen, die sich zwar so ziemlich nach gelerntem Schema durchführen lassen aber einfach nur rechnerisch einen Riesenaufwand erfordern, dann finde ich das keine kreative Leistung, welche die Mathematik, die Menschheit oder nur die Studenten wirklich weiter bringt.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 22:24 Fr 18.04.2008 | Autor: | rabilein1 |
Hallo Al-Chwarizmi,
ich verstehe genau, was du meinst. Aber eventuell haben diese rechenaufwändigen Aufgaben auch irgend etwas mit der Praxis, mit dem "realen Leben" zu tun: Wie kommt die Butter, die du aufs Brot schmierst, ins Supermarkt-Regal? = Trotz aller Rationalisierung und vieler Maschinen muss jede Kuh einzeln gemolken werden, jeder LKW einzeln gefahren werden, jeder Karton einzeln ausgepackt werden und jede Ware einzeln über den Scanner gezogen werden. Ein Vorgang, der sich tagtäglich immer wieder wiederholt.
Da ist so eine mühevolle Rechenaufgabe nicht viel anders: Damit das Ergebnis letztlich steht, sind tausend kleine Einzelschritte notwendig. So etwas ist für den Studenten dann genauso ärgerlich, wie für den Briefträger, der jeden Tag die Post aufs Neue austrägt - früher oder später wird jeder in irgend so einer Routine landen.
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Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 16:26 Sa 19.04.2008 | Autor: | koepper |
Hallo rabilein,
> a) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich nach 2
> Austauschen alle drei schwarzen Kugeln in einer Urne
> befinden?
>
> b) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich nach 100
> Austauschen alle drei schwarzen Kugeln in einer Urne
> befinden?
>
> c) Nach wie vielen Austauschen ist die Wahrscheinlichkeit
> für "Drei Schwarze in einer Urne" am größten?
>
> Bei a) habe ich raus:
> [mm]\bruch{4}{9}*\bruch{1}{3}*\bruch{1}{3}*\bruch{1}{3}=\bruch{4}{243}[/mm]
> b) 100 Austausche = da könnte man ja gleich die 9 Kugeln
> "zufällig" auf die drei Urnen verteilen.
genau genommen nicht. Der festgelegte Anfangszustand macht sich immer noch - rein theoretisch - bemerkbar.
Die exakte Verteilungswahrscheinlichkeit wäre durch Aufstellen einer Übergangsmatrix zu berechnen.
MuPAD liefert
$p = [mm] \frac{1629660464983194952277690802167718047212915594131725013377943094276569667001145256939380945480983028056890892087026817968093549467366200193100}{45630493019529458663775342460696105322154565208445812157160063359456332392499692197933402051896313796083494813532664680937837577588565258188667}
[/mm]
[mm] \approx [/mm] 0.03571428571428571428571428571428571428556328348498781598562693102020454148114968334955100209222151234
> Für eine Kette aus 3 Schwarzen und 6 Weißen gibt es
> [mm]\bruch{9!}{6!*3!}[/mm] Kombinationen, von denen drei als Treffer
> gelten (alle 3 Schwarzen in einer der drei Urnen).
>
> Also ist [mm]p=\bruch{3}{84}.[/mm] Das sind etwa 3.57 %
3/84 ist fast richtig.
Die Abweichung tritt erst ab der 40. Nachkommastelle auf, was für jede praktische Anwendung unwesentlich sein dürfte.
> zu c)
> Die Frage ist doch: Gibt es zwischen 2 Austauschen
> (p=0.0165) und 100 Austauschen (p=0.0357) eine Anzahl von
> Austauschen, bis zu der die Wahrscheinlichkeit auf "Drei
> Schwarze in einer Urne" ansteigt, um danach wieder zu
> fallen?
>
> Ist es wahrscheinlich, dass es überhaupt ein p>0.0357 gibt
> ?
gibt es nicht. Die Wahrscheinlichkeit steigt mit der Anzahl der Vertauschungen streng monoton und geht asymptotisch gegen 3/84. Das liefert mir MuPAD aus der Eigenwertzerlegung der Übergangsmatrix mithilfe der daraus zu gewinnenden Wahrscheinlichkeitsfunktion. Anschaulich dürfte das aber auch klar sein. Denn je mehr Vertauschungen durchgeführt werden, desto "zufälliger" ist die Verteilung der schwarzen Kugeln auf die Urnen.
LG
Will
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:02 Sa 19.04.2008 | Autor: | rabilein1 |
Vielen vielen Dank, koepper, dass du mir so ein exaktes Ergebnis zu meiner Aufgabe geliefert hast.
Das Resultat mit den mit den rund 80 Stellen hatte ich zwar irgendwie so erwartet (auch dass es da in der soundsovielsten Stelle hinter dem Komma eine Abweichng zu "meinem" Ergebnis geben müsste). Was mich dennoch überrascht bzw. was ich neu gelernt habe, das ist, dass es Programme gibt, die auch solche Arschleder-Aufgabe (zwinker an Al-Chwarizma) relativ schnell lösen.
Zu c)
Es ist oft schwierig, Wahrscheinlichkeiten richtig einzuschätzen. Wenn man z.B. nach dem 10. Vertauschen die "Drei Schwarzen" erzielt hat, dann zerstört man diesen Zustand ja höchstwahrscheinlich mit dem 11. oder 12. Vertauschen wieder.
Man könnte jetzt noch eine Zusatz-Aufgabe stellen:
Beim wie vielten Vertauschungs-Vorgang ist es am Wahrscheinlichsten, dass die "Drei Schwarzen" zum ersten Mal auftauchen?
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Alle Achtung !
da ist wirklich jemand mit exzellentem "Leder" drangegangen !
liebe Grüsse
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Die Aufgabe solltest du mit Hilfe einer Markow-Kette und einer Übergangsmatrix lösen.
Unterscheide 3 Zustände:
Zustand 1: In jeder Urne ist eine schwarze Kugel.
Zustand 2: In einer Urne sind genau 2 schwarze Kugeln.
Zustand 3: In einer Urne sind 3 schwarze Kugeln.
Die Wahrscheinlichkeiten, mit der man von einem in einen anderen (oder denselben) Zustand gelangt, habe ich dir mal aufgezeichnet (Brüche extra nicht gekürzt):
[Dateianhang nicht öffentlich]
Rechne die einzelnen Übergangswahrscheinlichkeiten mal nach!
Daraus ergibt sich folgende Übergangsmatrix von einem in den nächsten Zustand:
A = [mm] \pmat{ 15/27 & 10/27 & 0/27 \\ 12/27 & 16/27 & 18/27 \\0/27 & 1/27 & 9/27 \\ } [/mm] mit dem Startvektor [mm] \vektor{1 \\ 0 \\ 0}
[/mm]
Auf lange Sicht (100 Ziehungen) stellt sich etwa eine "stabile Endwahrscheinlichkeit" ein. Du suchst einen Zustandsvektor, der sich im nächsten Schritt nicht mehr ändert. Das ist der Vektor
[mm] \vektor{15/34 \\ 18/34 \\ 1/34}. [/mm]
Um den exakten Wert für die Verteilung bei 100 Schritten zu erhalten, müsstest du [mm] A^{100}*Startvektor [/mm] berechnen. Die Abweichung ist so minimal, dass du es vergessen kannst.
Wenn du A zwei mal auf den Startvektor anwendest, stellst du fest, dass dein Ergebnis zu a) stimmt.
Zusatzbemerkung: Wenn man 6 weiße und 3 schwarze Kugeln zufällig zu je 3 Kugeln in die Urnen wirft, erhält man für die Wahrscheinlichkeiten der Zustände 1, 2 und 3 nicht die obige Endverteilung, sondern
[mm] \vektor{9/28 \\ 18/28 \\ 1/28}. [/mm] Der Mischvorgang hat also Einfluss auf die Endverteilung.
Dateianhänge: Anhang Nr. 1 (Typ: JPG) [nicht öffentlich]
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 14:44 So 20.04.2008 | Autor: | rabilein1 |
> Die Wahrscheinlichkeiten, mit der man von einem in einen
> anderen (oder denselben) Zustand gelangt, ...
Das finde ich eine geniale Überlegung.
Damit kann man manches recht schnell erkennen - z.B. wenn man am Anfang in einer Urne 2 Schwarze und in einer anderen 1 Schwarze hat, wie groß dann die Wahrscheinlichkeit ist, dass derselbe Zustand zwei Runden später immer noch bzw. erneut besteht.
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